Die Schlacht war geschlagen und dennoch fühlte ich mich nicht siegreich. Denn wir hatten auch Leute verloren. Gute Leute...Menschen, an dir wir uns gewöhnt hatten. Ich machte mir deshalb große Vorwürfe und lief Gefahr, die ganze Schuld dafür, auf mich zu nehmen. Deshalb war ich dankbar dafür, dass ich jetzt hier war, mit der einzigen Person, der ich noch halbwegs in die Augen sehen konnte. Der Deal mit der anderen Gruppierung machte das Ganze nicht besser, denn das bedeutete, dass es noch Konsequenzen zu erwarten gab. Aber wenigstens hatten die meisten von uns dadurch überlebt...die meisten.
Es war nicht immer einfach, Entscheidungen zu treffen, vor allem, wenn es nur vom Regen in die Traufe kam und keine zufriedenstellende Lösung bereit stand. Aber dafür war ein Anführer da und...ich hatte zum Glück @Archibald Isaias Carter , der voll dahinter gestanden hatte.
Das Hotel war nun einmal keine Armee, sondern eigentlich eine friedliche Kolonie, aber damit war es jetzt wahrscheinlich passé, denn wir hatten eine Tür geöffnet, die sich vorerst nicht verschließen ließ.
Wir waren vor ca einer Stunde zurück gekehrt und ich hatte Josephine gebeten, sich erstmal um die anderen zu kümmern. Währenddessen hatte ich mich kurz zurück gezogen, was normalerweise weniger meine Art war. Aber wie schon erwähnt, fiel es mir schwer, die Scherben des Kampfes jetzt schon aufzulesen. Manche, die noch bei Kräften waren, hatten die Leichen mitgenommen und an der Mauer vergraben. Das hatte ich aus dem Fenster meines Zimmers beobachtet, während ich wartete...darauf wartete, dass ich mich unbemerkt auf die Krankenstation stehlen konnte.
Als es dann so weit war, waren keine Worte nötig, sobald ich eintrat. Ich sah Jo an und sie mich...Dann begann sie schon mich zu versorgen, nachdem ich mich setzte. Eine Streifwunde am Arm, eine an der Seite meines Oberkörpers. Eine falsche Bewegung und sie hätten ins Herz getroffen, als ich gerade dabei war, Jemanden den Rücken frei zu halten. Ein paar Kratzer im Gesicht...Nichts, was ich für schlimm befand. Aber es fiel mir schwer, Jo anzusehen. Sie hatte ebenfalls alles gegeben und ich war mir nicht sicher, wie das alles geendet hätte, wäre sie dabei umgekommen. Immer wieder wurde meine ungewohnt stumme Art von tiefen Atemzügen begleitet. Mein Blick hing meist am Boden oder auf ihren Händen, die wieder mal ihr Können unter Beweis stellten.
Für einen Moment zuckte ich, auch wenn sie angekündigt hatte, dass es brennen würde. Und kurz darauf sagte sie, dass sie froh war, mir seie nichts passiert. Damit rang sie mir ein sanftes Schmunzeln ab, aber ich antwortete nicht sofort darauf.
Erst, als sie noch einmal nachhakte, ob wirklich alles okay sei, regte ich mich wieder. Ich hob meinen Kopf und sah sie an. Ich war so froh, dass sie jetzt hier war, aber ich konnte es ihr nicht sagen. Etwas hielt mich davon ab, also wählte ich eine Antwort auf ihre Frage.
"Ich frage mich, ob es das wert war...". Sicher wusste sie, wie ich es meinte, denn sie kannte mich nach meinem Bruder am besten hier. Mit Jo hatte ich schon viele Sachen geteilt, die ich sonst mit niemandem teilte. Natürlich sagte ich auch ihr nicht alles, vor allem, wenn es um sie ging. Es war schon etwas kompliziert, wenn der beste Kumpel ausgerechnet ihr Bruder war, aber ich war mir fast sicher, dass er nichts dagegen hätte, wenn...
Noch während sie an meinem Oberkörper beschäftigt war, griff ich nach ihrer Hand und hoffte, sie würde aufsehen. "Wir hätten alle drauf gehen können. Das war eine reine Selbstmordaktion. Und es ist meine Schuld, dass manche es nicht überlebt haben.". In mir keimte zusätzlich zu meinem Gewissen, auch Wut auf. Meine Worte waren fest, ganz und gar nicht ruhig. Normalerweise wusste ich mich zurück zu halten. Ich war selten schlecht gelaunt und schon gar nicht wütend...Das hatte ich in meiner Vergangenheit gelassen. Aber hier vor ihr konnte ich ehrlich und offen sein, oder?
@Josephine Alicia Carter