Was war das nur wieder für ein Tag gewesen?
Glücklicherweise nur ein Tag. Das Hotel einen oder zwei Tage zu verteidigen und zu halten, war möglich. Nicht angenehm, aber möglich.
Sollte einem Aggressor, doch jemals der Gedanke an einer Belagerung kommen, dann hätten sie wirklich ein ernsthaftes Problem. Sie hatten einfach zu wenig kampffähige Leute. Willig, ja, aber schlichtweg nicht fähig.
Die Gründe hierfür lagen oft einfach beim zu jung, zu alt, in den Umständen usw.
War man eine Kolonie, die sich hauptsächlich dem friedlichen Zusammen- und Überleben verschrieben hatte, dann hatte man logischerweise so seine Probleme gegen Gruppierungen zu bestehen, deren Augenmerk auf wesentlich aggressiveren Absichten lagen.
So war das nun einmal und auf Menschlichkeit, brauchte man dieser Tage nicht wirklich zu hoffen. Das lag aber nicht an den Kreaturen, die draußen herumzogen. Sie stellten zwar zu jeder Tages- und Nachtzeit eine Bedrohung dar, doch war der Mangel an Menschlichkeit ein vom Mensch selbst produziertes Problem.
Gefühlt gab es schon immer mehr Egoisten auf diesem Planeten, als aufrichtige Helfer und dieser Eindruck bestätigte sich in diesen bizarren Tagen immer wieder. Die Momente, in denen einem Menschen halfen, weil sie es einfach wollten, konnte man abzählen. Für jede Hilfe verlangte man eine Gegenleistung, welche oft lächerlich utopisch waren.
Doch das einmal beiseite gestellt, hatten sie es geschafft, das Hotel so gut es eben ging zu halten. Der angreifende Vorstoß hatte irgendwann doch merklich und beinahe abrupt nachgelassen, weswegen Hendrik schon die Vermutung hatte, dass sich eine dritte Partei eingemischt haben musste.
Gewiss zu ihren Gunsten, doch stellte sich dabei mal wieder die Frage zu welchem Preis.
Hendrik hatte sich für einen Moment in sein Zimmer zurückgezogen, nachdem er sich um die gekümmert hatte, die seiner Aufmerksamkeit bedurften. Glücklicherweise war nichts Schwerwiegendes dabei. Zumindest nichts Körperliches. Gesprächsbedarf würde sich bei vereinzelten Personen erst in ein paar Tagen einstellen. Damit rechnete Hendrik und darauf musste er sich auch vorbereiten. Doch das war okay. Besser, die Leute gönnten sich nach so einem Tag ein bisschen Zeit für sich und rekapitulierten das Geschehene zunächst in Ruhe mit sich selbst, bevor sie dann auf ihn zukamen, wenn es vonnöten war.
Der Doktor war tatsächlich um jeden Menschen froh, der von sich aus auf ihn zukam und ihn ansprach, wenn etwas im Argen lag. Dann konnte man schneller und effizienter bestehende Probleme angehen.
Doch es gab auch andere Kaliber. Solche, die sich gerne hinter ihrer Mauer an "alles okay" versteckten und nur durch mühsames und hartnäckiges Nachbohren ihr innerstes offenlegten.
Und so ein Kaliber betrat gerade, wohlgemerkt ohne anzuklopfen, Hendriks Zimmer: Matt.
Hendrik sagt in diesem Moment nichts, sondern quittierte Matts Nachfragen nach seinem Befinden lediglich mit einem Nicken, während er sich zu ihm umwandte und ihn aufmerksam musterte. Das tat er immer. Berufskrankheit, wenn man so wollte.
Matthew schloss die Türe hinter sich, blieb aber dort stehen. So als traute er sich nicht weiter in Hendriks Zimmer hineinzugehen.
Was hatte der Bursche ausgefressen?
Diese Frage huschte Henk automatisch durch den Kopf, als er sah, wie Matt dort an der Zimmertüre stand.
Er wirkte beinahe wie ein Schulkind, welches sich bewusst war, dass es eine komplizierte Entscheidung getroffen hatte, aber noch nicht so recht einordnen konnte, ob diese Entscheidung nun gut oder schlecht gewesen war.
Hendrik ging, immer noch stumm, auf Matthew zu und legte ihm mit einem warmen und herzlichen Lächeln den Arm um die Schultern.
"Schön, dass du zurück bist" war das erste, was Hendrik zu seinem Freund sagte und schob ihn, aus dieser begrüßenden Geste heraus, weiter in den Raum hinein.
Er mochte es einfach nicht, wenn Matt so anmutend fluchtbereit seine Gegenwart aufsuchte.
"Es lief angemessen, würde ich sagen." fuhr er dann fort und bot Matthew mit einer kleinen Geste an Platz zu nehmen.
1 Tisch, 2 Stühle, die in ihrem Aussehen sowas von überhaupt nicht miteinander harmonierten und dem Ausstatter des Hotels, wohl die Panik ins Gesicht getrieben hätten, müsste er noch miterleben, was aus seinem ursprünglichen Ort der Ruhe und Erholung wohl geworden war.
"Wie lief es bei dir? Du scheinst mir weitestgehend unversehrt. Das freut mich..." gab er zurück und nahm ebenso Platz, als es Matt auch tat.
"Die Angreifer haben sich für mein Empfinden relativ schnell und plötzlich zurückgezogen. Was ja erst einmal eine wirklich sehr gute Sache ist, nicht wahr?" begann er also langsam auf die eigentliche Frage hinzuleiten, die ihn interessierte.
"Du hast Hilfe aufgetrieben, wenn ich das richtige deute. Gut gemacht. Wirklich, Matt. Das hat uns einiges an Aufwand und Verlust erspart..." meinte er weiter und pausierte kurz, ehe er sich mit der Hand über das Kinn rieb "Willst du mir erklären wie und wer uns geholfen hat?" fragte er also und setzte ein ruhiges "und zu welchen Konditionen?" nach.
@Matthew Nolan