Wir befinden uns im Herbst des Jahres 2017. Seit zwei Jahren wandeln sogenannte Zombies auf unserer Erde und machen den letzten Überlebenden das Leben schwer. Das Chaos verbreitete sich schleichend und so nahm der Tod immer mehr von den Lebenden mit sich. Die mit Kampfgeist, Stärke und vor allem Köpfchen, schafften es irgendwie all den Verlust und Schmerz zu verkraften und sich mit der neuen Welt "anzufreunden". Die einen sahen den Ausbruch der Seuche als Strafe, andere wiederum als Neuanfang. Jene, denen in ihrem früheren Leben nie etwas Gutes widerfahren war, ob sie nun selbst daran schuld waren oder der Einfluss anderer Menschen. Mittlerweile ist die Vergangenheit jedoch irrelevant geworden, im Anbetracht dessen, was einem jeden Tag aufs Neue bevorstand. Einige der letzten Überlebenden schlossen sich in Gruppen und Kolonien zusammen, um die Chancen aufs Überleben zu erhöhen und das Lebewesen Mensch zu bewahren. Doch nicht jede dieser Gruppen hat gute Absichten. Den mit dem Tod tat sich ein weiteres Hindernis auf. Misstrauen, Kampf und Krieg. Niemand vertraut dem anderen, selbst wenn er es unter Beweis stellt. Kämpfe wegen Konserven werden ausgetragen und Kriege geführt, weil man am Leben bleiben will. Ein Messer in der Brust eines Feindes als Zeichen des Überlebens...
Team
Date
Weather
Der Herbst ist in Washington eingezogen und macht den Überlebenden zuschaffen. Regenschauer, Stürme und kalte Winde ziehen durch die Straßen und Wälder, während der wandelnde Tod ungehindert weiter mordet. Wer überleben will, sollte sich warme Sachen anziehen und sich einen Unterschlupf suchen, sowie ein paar Konserven bunkern. Vielleicht wäre es sogar sicherer sich einer Kolonie anzuschließen? Doch bedenke, nach dem Herbst kommt der Winter.
Newsflash
Neues Jahr neues Glück, neue Beißer. Wir kämpfen weiter gegen die Untoten doch nicht nur diese sind zur Quelle des Bösen geworden. Auch die Menschen sind zu einer großen Gefahr geworden. Die Mitglieder des Hotel Herrenhaus werden dies nun am eigenen Leib erfahren müssen, da das Hotel angegegriffen wird. Werden sie ihr zu Hause verteidigen können und wieso eilt der Güterhof ihnen nun zur Hilfe?
- your Last Survivors Team, since March 2018 ♥
in Verschobene Plays
17.03.2019 18:27
von
Aurelia Vane (gelöscht)
“Oh, but you must travel through those woods again and again... said a shadow at the window... and you must be lucky to avoid the wolf every time... But the wolf... the wolf only needs enough luck to find you once.” - Emily Carroll: Through the Woods
Es wird langsam dunkel, und Aurelia fängt an, in den Schatten der Bäume Dinge zu sehen, von denen sie weiß, dass sie nicht da sind, und die gruseligen Geräusche des Winds machen es nicht besser. Der Wald ist alles andere als ihr natürlicher Lebensraum. Sie hat nichts gegen Natur, in den strukturierten Grenzen eines Stadtparks oder in Form eines Blumentopfs auf ihrem Fensterbrett. Aber anders als ihre Freunde – an die sie immer noch in der Gegenwartsform denkt, niemals im Präteritum – hat sie niemals Übungen absolviert, bei denen man mit einem Zahnstocher und einem Stück Draht bewaffnet in der Pampa ausgesetzt wird oder anderen Bullshit dieser Art. Die Wanderungen in den Blue Ridge Mountains zwischen zwei Missionen sind die ganze Wildnis, die sie je erlebt hat. Und dort war Chris immer an ihrer Seite gewesen, um zu verhindern, dass sie irgendwelche Felsen hinunterstürzte oder in die falsche Richtung marschierte. Es war Sommer gewesen, herrlicher Sonnenschein, nicht trübes, regengeschwängertes Herbstwetter. Sie hatte sich Blasen gelaufen, aber die Aussicht… die Aussicht war es vollkommen wert gewesen. Wider willen muss sie lächeln, was in ihrer jetzigen Situation nicht gerade angemessen erscheint, da inzwischen davon überzeugt ist, dass genau das jetzt passiert ist: Sie hat die Orientierung verloren, und eine atemberaubende Aussicht, die sie dafür entschädigen würde, gibt es nicht. Diese Erkenntnis ist wahrscheinlich der Punkt, an dem Aurelia anfangen sollte, Angst zu haben anstatt sich über sich selbst zu ärgern. Kein vernünftiger Mensch käme auf den Gedanken, sie für eine Überlebensexpertin zu halten. Nicht in einer Welt, die sich nicht aus Pixeln und Bytes zusammensetzt. Für van Lier sind das aber keine schlagkräftigen Argumente, seiner Logik zufolge ist sie die am besten dafür geeignete Person der Gruppierung. Ob das wirklich ein Kompliment ist kommt auf die Perspektive an, aber es ist der Grund dafür, weshalb sie alleine durch diesen gottverdammten Wald stolpert und sich alle Mühe geben muss, vor Frustration nicht zu schreien. Ihr würdet euch kaputtlachen, wenn ihr mich jetzt sehen könntet. Der Gedanke an Sage und die anderen versetzt ihr einen Stich. Komisch, dass es so weh tut, trotz der Tatsache, dass sie weiter daran glaubt, sie wiederzusehen. Alle. Sie sind so viel besser aufs Überleben trainiert als Aurelia selbst. Und sie ist noch hier. Irgendwo weiter vorne kracht etwas durch die Büsche, es klingt wie ein Reh auf der Flucht, viel zu laut, um ihrer Einbildung entsprungen zu sein. Mit pochendem Herzen lauscht sie angestrengt, aber schon herrscht wieder eine beinahe unnatürliche Stille, die umso greifbarer scheint, weil sie sich selbst nicht mehr bewegt. Sie weiß nicht, was sie tun soll. Umdrehen oder weitergehen, aus welcher Richtung war der Lärm überhaupt gekommen? Wie von selbst setzt sie sich wieder in Bewegung, sehr viel langsamer jetzt. Weit kommt sie aber nicht, sie ist so mit der Umgebung beschäftigt, dass sie nicht auf den Boden vor ihr achtet. Ein leiser Fluch entfährt ihr, als sie mit dem Fuß an einer Wurzel hängen bleibt, es gerade so schafft, sich an einem kleinen Bäumchen festzuhalten um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ein weiterer Adrenalinstoß durchfährt sie, presst die freie Hand auf ihren Mund. Neben ihr bröckelt Erde ab, Steine kullern einen Hang hinunter, den sie vollkommen übersehen hätte, hätte die Wurzel sie nicht ins Stocken gebracht. Die Baumrinde ist rau unter ihren Fingern, sie braucht eine Sekunde, um ihren Atem wieder zu beruhigen. Leichtsinnig, wirklich leichtsinnig, weist sie sich selbst zurecht und richtet sich auf. Aufmerksam schaut sie sich um. Der Trampelpfad, dem sie zu folgen versucht hatte, ist vor ihr im Nichts verschwunden. Noch immer ist nichts zu hören. Sie beißt sich auf die Lippen, gibt sich einen Ruck und will sich gerade abwenden, um einen anderen Weg zu suchen, als ihr Blick auf etwas Dunkles fällt. Unten – am Ende des Hangs, neben einem kleinen See, oder nur ein Tümpel, der sich jetzt dank der Regenfälle der vergangenen Tage zum See aufspielt. Zuerst ist es kaum mehr als ein Schatten, aber je länger sie hinsieht, umso deutlicher meint sie, eine menschliche Gestalt ausmachen zu können. Aurelia zögert, greift noch einmal nach dem Stamm und beugt sich unschlüssig vor. Noch könnte sie sich abwenden, aber ihr Verstand versucht bereits, den besten Weg nach unten ausfindig zu machen. Es ist keine rational getroffene Entscheidung. Im besten Fall ist es eine Leiche, im schlechtesten Fall ein Zombie, irgendwo dazwischen eine Handvoll Ärger, den sie sich einhandeln kann. Und doch, es ist einfach, wie sie tickt. Eine seltsam anmutende Verschmelzung aus dem Bedürfnis, zu helfen, falls möglich, und dem ungesunden Drang, einer Sache auf den Grund zu gehen. Vorsichtig setzt sie einen Fuß seitlich auf, dann den anderen. So arbeitet sie sich Stück für Stück vor, aber das Erdreich ist zu aufgeweicht und es dauert nicht lange, bis der Boden unter ihr nachgibt. Sie beginnt zu rutschen, instinktiv lehnt sie sich nach hinten zurück um nicht vornüber zu fallen, während ihre Hände blindlings versuchen, Halt zu finden, wo keiner ist. Sie fühlt die Nässe, die ihre Hose durchdringt, feuchtkaltes Laub, kleine Äste, die in ihrem Haar hängen bleiben, die Reibung schiebt Rucksack und Jacke und Shirt nach oben, etwas kratzt ihren Rücken entlang, ein brennender, stechender Schmerz, ein kurzer – leiser Schrei. Und dann ist es schon vorbei. Nach Luft schnappend starrt sie hinauf in den Himmel, dessen dunkles Blaugrau immer schwerer zwischen den noch dunkleren Baumwipfeln auszumachen ist. Dämliche Idee. Aber es scheint noch alles heil an ihr zu sein, und so beginnt sie, sich langsam aufzurappeln. Kurz schaut sie dabei nach oben, folgt der zerwühlten Spur, den ihr mehr oder weniger freiwilliger Abgang im schlammigen Hang hinterlassen hat. Von hier unten sieht es noch viel steiler aus als von oben. Sehr viel steiler. Saudämliche Idee. Unwillig schüttelt Aurelia den Kopf, was ihrem Gleichgewicht nicht zugutekommt. Dreht sich einmal um die halbe Achse, plötzlich kann sie eine weitere, ganz ähnliche Spur am Abhang ausmachen. Ihr Blick huscht zurück zu der Gestalt, die einige Meter von ihr entfernt nun eindeutig als solche zu erkennen ist. Hat sie sich… bewegt? Bisher hat Aurelia nicht daran gedacht, nach ihrer Waffe zu greifen, jetzt tasten ihre Finger nach ihrem Messer. „Hallo?“, fragt sie leise, plötzlich unsicher geworden, und macht einen vorsichtigen Schritt nach vorne.
Out of suffering have emerged the strongest souls. The most massive characters are seared by scars. I suffered and suffered and suffered.
Der Ex-Soldat zischte geradezu durch die Baumreihen, über den nachgebenden Erdboden unter seinen Springerstiefeln nur wenig gebremst bewegte sich der athletische Körper stets trainiert durch das Waldgebiet. Das einzig hörbare für den ausgebildeten Soldaten war sein flach ausgehender Atem, das hörbare Hecheln des Hundes der ihm stets folgte mit großen Sprüngen scheinbar mühelos durch den Wald. Er hatte es aufgegeben zu schießen oder sich dem entgegen zu stellen was den Hünen dazu bewegte sich durch den Wald zu schlagen und den Rückzug zu bevorzugen. Er hörte das elende krächzen, hier im Wald waren wenige von ihnen nur folgten sie ihrem Hunger blind durch den bewachsenen, feuchten Wald. Es zog einem jeden bis in die Knochen, doch der trainierte Körper rannte auf Hochtouren, die äußere Kälte ließ jeden Atemstoß tief aus seinen Lungen in einer Dampfwolke aufsteigen und verfliegen. Das kommt davon Grimes, dachte der Soldat in seiner Hetzjagd um Leben und Tod – er wollte es nicht; Sterben und als ein ‚Ding‘ umher wandeln. Er hatte nicht mal damit gerechnet überhaupt noch so lange zu überleben verflucht. Und statt sein Leben zu sichern wollte er Überlebenden helfen, die wenigen die noch über waren sollten zusammen halten meinte man wohl und jetzt war er der Idiot. Die Einstichwunde an der linken Seite seiner Lende und das daraus quellende Blut wurde überschattet vom Adrenalin das ihm unentwegt durch die Blutbahnen pumpte. Der einzig stechende Schmerz war die kalte Luft die ihm durch die Atemwege peitschte, er atmete tief um seine Ausdauer lang genug halten zu können bis er einen Weg fand sie abzuhängen. Das letzte Mal als der Blonde so rannte war er im Einsatz in Afghanistan, sein Arsch stand dabei genauso auf der Kippe und sein Team war bestens damit beschäftigt ebenfalls nicht gekillt zu werden. Wieso Chris solange lebte war ein Wunder, eher Glück, er hatte schon immer einen Fable für einen Lebensmüden Stil. Eigentlich sagten das Soldaten nicht, doch ihm fehlten die Zeiten mit dem Team… Während der athletische Ex-Soldat durch den Wald lief als wäre der Teufel höchstpersönlich hinter ihm her musste er entweder über einen Baumstamm einer sehr alten Eiche klettern oder drunter her rutschen. Der schlammige, rutschige Boden half ihm bei der Entscheidung. Er ließ das ganze Gewicht, dass durch die Muskelmasse nicht gerade aus ‚wenig‘ Gewicht kam mit Schwung über den Boden schlittern und machte hinter dem Stamm einen Haken in seiner Laufbahn, knickte in eine andere Richtung ab. Als er den Hang entlang lief, wusste er nicht wie sehr der Regen den Boden aufgeweicht hatte, am ende des langen Weges entlang des Hangs wäre zumindest sein Ziel und er könnte abhauen allerdings war es wie auf brechendem Eis. Man spürte wie der Boden unter den Füßen sich verflüssigte und schon landete man in eiskaltem Wasser – hier sogar wörtlich zu nehmen. Der Boden, der normalerweise wohl stabil genug gewesen wäre, rutschte nun unter dem Gewicht ab und nahm dem Blonden jeglichen Halt sich noch fest zuhalten um nicht die Meter des Hangs ungebremst runter zu fallen. Auch wenn der Boden rutschig und aufgeweicht war so waren es die Äste, Dornen, Büsche, Steine und Stämme nicht. Es passierte so schnell, dass er kaum spürte gegen was jeglicher Teil seines Körpers alles ungebremst krachte und mit sich den tiefen Hang runter riss. Die einzig antrainierte Intention war seinen Kopf zu schützen und in keinen Stamm zu krachen. Es was als würde ein Panzer über ein Spielzeugauto fahren, die Gewalt durch die Masse war heftig und zerdrückte alles was jener Panzer überfuhr. Nach dem tiefen Fall spürte der Soldat hunderte kleine Stiche an jedem Millimeter an seinem Körper, da ihm die eingedrückte Lunge nicht erlaubte zu atmen wurde ihm das Wasser erst später bewusst das ihm zusätzlich das Atmen verweigerte. Das Wasser war nicht gefroren aber es war kalt genug ihm Taubheitsgefühle in seinen Gliedern zu verpassen. Die Wucht mit der er laut eintauchend ins Wasser gefallen war ließ den Mann ein Stück weiter treiben. Vielleicht war es noch ein letzter Schub der es ihm ermöglichte sich mit einem Arm aus dem Wasser zu ziehen, zumindest soweit das er das Wasser nur noch an seinen Waden kribbeln spürte. Auch wenn viele Teile mittlerweile taub wurden so drang die Kälte bis tief in seine Knochen, ließen den Verletzten Soldaten in regelmäßigen Abständen zittern. Doch Kraft? Die fehlte ihm gänzlich, würde er sich noch wenige Zentimeter bewegen so würde er jede Prellung genauestens spüren, die Kälte deutlicher werden, so drehte er sich auf den Rücken, sein Kopf hoch gerichtet blickten die stahlblauen Augen noch einmal auf und starrten ins Leere so schien es. Das kalte Wasser ließ alles an Stoff an seinem Körper haften, hauteng gab es die Kälte nur umso mehr an den Körper weiter. Zwischen dem Dreck, der Nässe seiner Klamotten und den durch den Schlamm fast dunkelbraun wirkenden Haare war das einzig noch helle die klaren blauen Augen. Er kühlte sehr bald aus und dann? Schon jetzt spürte er die Müdigkeit über sich hereinbrechen, die müden Lider sanken immer weiter zu, er blinzelte immer seltener bis seine Augen sich schlossen. Er konnte schwören wieder an damals zu denken. Sage die mit ihm den Boden schrubben musste weil sie es wieder übertrieben hatten, Archibald der in Jedem Einsatz seinen Rücken frei hielt und nebst seinem Besten Freund wohl am Wichtigsten war zwischen den Powerfrauen und dann Arie – wie er aufwachte im Krankenhaus und da saß sie…Wochen. Er hatte sich bei keinen von ihnen je bedankt, oder? Verflucht Grimes… Dachte er Still bei sich. Er wollte nach Hause, doch wo war das geblieben. Es war mit seinem Team verschwunden und jetzt würde er hier sterben. Wenigstens kein Beißer. Der Atem des trainierten Soldaten wurde langsamer, die Müdigkeit würde ihn einholen und aufwachen würde er vielleicht nicht mehr. Er konnte nicht mehr weiter, er wollte jeden von ihnen wiedersehen. Das leise rufen war wohl eine Halluzination, na super. Nicht mal sterben ohne Nachwirkung ging, die stahlblauen müden Augen öffneten sich zu Schlitzen, schließlich ein Stück weiter und betrachtete die verschwommene Figur. „Scheiße“, entkam es seiner Kehle leise und ungewöhnlich dünn geworden. Er war nicht wirklich in der Lage zu reden, einerseits unterbrach ihn das Zittern andererseits war seine Lunge schon genug damit beschäftigt das Atmen zu unterstützen als noch zu reden.
"Tell me, is it true what I've read? No soldier outlives a thousand chances, but every soldier believes in chance and trusts his luck?" [- Erich Maria Remarque: Im Westen nichts Neues]
Es sind nur zwei Schritte, vielleicht drei, die es noch benötigt um Aurelia endgültig zu dem Mann hinübertragen, und eine ungute Vorahnung lässt sie die kaum erwachte Vorsicht schon wieder vergessen. Ein flaues Gefühl breitet sich in ihrem Magen aus, denn sein kaum hörbares Fluchen weckt eine wohlbehütete Erinnerung. Unmöglich. Sie geht neben ihm in die Hocke, aber als jetzt aus der Nähe selbst der Matsch die nur allzu vertrauten Gesichtszüge nicht weiter verbergen kann, wird mehr ein ungewollter Kniefall daraus. „Chris…“ Sein Name ist ein gepresstes Luftholen, während sie mit zitternden Hände nach ihm greif. Aber nicht wegen der Kälte, eher zögernd aus Angst, dass alles nur Einbildung ist. Die Welt steht Kopf und sie muss sich dazu zwingen, nicht einfach regungslos neben ihm zu verharren. Sachte fährt sie mit den Fingerspitzen über seine schmutzbefleckte Wange, als befürchtet sie, dass ihr die Wahrnehmung einen Streich spielt. Trotz ihrer kalten Finger fühlt sich seine Haut eisig an. Für eine Sekunde hat sie das Gefühl, zu fallen, eine unerträgliche Welle der Panik droht jeden Rest Vernunft und Verstand zu begraben. Für einen Wimpernschlag der Zeit ist sie nicht hier, sondern wird zurückgeworfen an einen anderen Ort, der Geister der ganz anderen Art für sie bereithält.
„Sie können nicht auf dem Fensterbrett sitzen.“ Aurelia blickt die Krankenschwester nicht einmal an, umschließt die zum Kinn hochgezogenen Knie nur fester. Eigentlich ist die Aussage keine Antwort wert, sie gibt sie ihr trotzdem, wie zum Trotz. „Ich tue es gerade, also kann ich.“ Sie hört das entnervte Schnauben, das ihre Worte provozieren, aber wenig später ist das leise Klicken der sich schließenden Türe zu vernehmen. Regungslos verharrt sie in ihrer Position, verliert jedes Gefühl für Minuten und Stunden, so dass sie nicht sagen kann, wie lange sie so dasitzt, ohne den Blick von Chris zu lösen.
Er ist blass, viel zu blass, und trotz seiner Größe wirkt er in diesem Bett erschreckend zerbrechlich. Ein Adjektiv, das sie früher niemals mit ihm in Verbindung gebracht hätte, nicht in einer Million Jahre. Sie ist nicht abergläubisch, aber jetzt hat sie Angst, dass er sich davonstehlen könnte, wenn sie nicht achtgibt. Dass er stirbt, wenn sie nicht hier ist. Die Vorstellung ist unerträglich. Also bleibt sie sitzen und versucht, ihn mit ihrem Blick festzuhalten im Hier und Jetzt.
Es ist ihr eigenes, halbersticktes Schluchzen, das sie aus der Erinnerung herausreißt und zurück in die nasskalte Realität holt. „Fuck, Chris!“, stößt sie hervor und holt hastig Atem, von dem sie nicht gemerkt hat, dass sie ihn angehalten hat. Sie umschließt seine Hand, auch sie ist viel zu kalt. Sie hat keine Ahnung, was sie tun soll, diese Situation ist so unwahrscheinlich, dass es ihr schwerfällt, sie als real zu akzeptieren. Aber die Hand, die sie hält, ist echt, und sie zwingt sich selbst zur Ruhe. „Es ist okay, alles ist gut.“ Sie hat keine Ahnung, ob er sie überhaupt hören kann, aber vielleicht sollen die Worte vor allem ihr selbst Zuversicht zusprechen und nicht unbedingt nur ihm, während sie gleichzeitig versucht, die Situation zu erfassen. Ein Teil seiner Beine ragt noch immer ins Wasser, dass er keinen Versuch unternimmt, sich ins Trockene zu bringen ist ebenso beunruhigend wie der Mangel an Reaktion auf ihre Gegenwart. Wenn man mal einen Seal mit seinem Rewarming Drill benötigt ist keiner zur Hand, sie muss ein hysterisches Lachen unterdrücken, kann aber nicht anders als sich nach vorne zu beugen und das Gesicht gegen seine Schulter zu pressen. Ihre Finger mit seinen verschränkt und die Augen geschlossen, der klamme Stoff seiner Jacke riecht nach feuchter Erde und Moos, es kümmert sie nicht. „Es ist okay“, wiederholt sie noch einmal, „Alles ist gut. Wir kriegen das hin, Chris, hörst du?“ Mit gespreizten Fingern fährt sie sich einmal übers Haar, blickt über ihr Schulter, ehe sie sich wieder aufrichtet um sich passend für einen Schulterzug hinter Chris zu positionieren.
zuletzt bearbeitet 08.04.2019 00:21 |
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