Das Haus, in welchem sie sich verschanzt hatte, sollte ihr nur als vorübergehender Unterschlupf dienen. Eine Nacht, höchstens zwei, um wieder zu Kräften zu kommen. Um sich neu zu sortieren. Um sich einen Plan zu überlegen. Ihre provisorische Unterkunft war nicht sehr komfortabel, aber es erfüllte seinen Zweck. Die Wohnung bestand aus drei Zimmern. Einem, welches früher einmal das Schlafzimmer gewesen sein musste, einem Wohnzimmer mit offener Küche und einem Badezimmer. Alles war ranzig und heruntergekommen, aber es war trocken, warm und unbewohnt. Was wollte man mehr. Sie war gerade dabei, sich einige alte, von Motten zerfressene Decken aus einem der verbliebenen Schränke zu holen, als sie ein Geräusch hört. Sofort hält sie in der Bewegung inne und lauscht. Ein Tier? Ein Infizierter? Ein Mensch? Unbewusst hält sie die Luft an und lauscht weiter in die Stille. Hatte sie sich getäuscht? Nein! Da! Eine Art Schleifen. Ein Klopfen. Ganz sicher kein Tier. Und nachdem jemand versuchte, die Tür zur Wohnung zu öffnen war sie sich sicher, dass der ungebetene Besucher auch kein Infizierter war. Diese benutzten in der Regel keine Türklinken. Da sich die Eingangstür nicht abschließen ließ hatte sie diese mit einem umgedrehten Stuhl gesichert. Laienhaft. Es würde den Einbrecher nicht daran hindern, sich Zutritt zur Wohnung zu verschaffen, aber es würde ihr Zeit bringen. Eilig stopft sie die Decken zurück in den Schrank, eilt durch das Zimmer und krallt sich ihren Rucksack. Möglichst leise, aber doch so schnell wie möglich verstaut sie ihr Hab und Gut im selben Schrank wie zuvor die Decken – sie durfte keine Spuren hinterlassen-, zieht aber zuvor noch das Messer, welches sie bei sich trägt, aus der Seitentasche. Einen kurzen Moment steht sie unschlüssig im Raum. Was sollte sie tun? Sich ebenfalls im Schrank verstecken? Zu eng. Außerdem gab es dort keinen Fluchtweg. Sie säße in der Falle. Eine offene Konfrontation? Sie wusste nicht, wer vor der Tür stand. Zu Gefährlich. Und zu spät. Ein Poltern verrät ihr, dass der Stuhl umgefallen war. Der Eindringling befand sich in der Wohnung. Da sich der Schrank, in dem sie ihre Sachen verstaut hatte, in einem Nebenzimmer der kleinen Wohnung befand stand sie nicht direkt im Blickfeld des Fremden, würde dieser die Wohnung durchsuchen würde er aber unweigerlich auf sie stoßen. Sie hechtet zur anderen Seite des Zimmers, drückt sich in Ecke hinter der Zimmertür und presst sich mit dem Rücken an die Wand. Das Messer umklammert sie mit beiden Händen und hält es sich schützend vor die Brust. Ihr Herz donnert in der Brust und ihre Finger zittern. Durch ihre Adern fließt pures Adrenalin. Sie hört Schritte. Schlurfende Schritte, die sich dem Zimmer nähern. Erneut hält sie die Luft an und schließt für einen kurzen Moment die Augen. Betet, dass der Fremde umkehrt oder sie zumindest nicht auf den ersten Blick entdecken würde. Ohne ihre Sachen konnte sie die Wohnung nicht verlassen, eine Flucht war ausgeschlossen, aber vielleicht konnte sie den Fremden überrumpeln. Der Überraschungsmoment sollte auf ihrer Seite sein.
@James B.Walsh